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Der Seminareffekt

Die oben erwähnten Effekte der gegenseitigen Aktivierung der Klangschalen und die Überlappung von gleichfarbigen Kugeln in einer Gruppe von Personen kann man gut bei Seminaren beo­bachten: Viele Firmen und Organisationen lassen ihre Mit­arbeiter – und insbesondere Führungskräfte – Kurse zur Wei­terbildung besu­chen. Es ist immer wieder erstaunlich, wie in solchen Seminaren auch moralische und ethische Aspekte mit grossem Elan ange­gangen und Lösungsprogramme aufgestellt werden. Man nimmt sich sehr viel vor, setzt später im täglichen Leben am Arbeitsplatz aber nichts oder zumindest extrem wenig davon in die Tat um. Als Gründe werden in der Regel mit grossem Bedauern externe Zwänge angegeben, welche bewirken würden, dass man selbst das Diskutierte nicht um­setzen könne. Selbstverständlich hofft man aber, dass alle anderen Seminarteilnehmer nicht in solch unangenehmen Sachzwängen stecken würden…

In Tat und Wahrheit ist ein Hauptgrund für dieses Verhalten zu einem grossen Teil in der nicht mehr vorhandenen Gruppe zu finden: Im Seminar, in der Dynamik der Gruppe, wollen sich alle Teilnehmer mit einem bestimmten Thema auseinander­setzen. Andere Ziele treten in den Hintergrund, das Alltags­geschäft wird ausgeklammert. Ihre der Zielsetzung entspre­chenden Klang­schalen werden aktiviert und treten dadurch als Leitlinie bei Ent­scheidungen in den Vordergrund. Es stehen ihnen als Mitglied der Gruppe zudem zusätzliche Fähigkeiten zur Verfügung und sie wollen diese Fähigkeiten auch einsetzen. Wieder zurück am eigenen Arbeitsplatz lassen sie sich andere Klangschalen von aussen aktivieren, damit verfolgen sie wieder andere Zielsetzun­gen. Wie ein Chamäleon passen sie sich der Umgebung an. Zudem fehlen ihnen möglicherweise einige der zusätzlichen Fähigkeiten der Gruppe oder sie sind an deren Einsatz wegen der geänderten Zielsetzung nicht mehr interessiert, sie haben «Wichti­geres» zu tun.

Es leuchtet ein, dass man dafür nicht externe Quellen verant­wort­lich machen kann. Die einzige Abhilfe besteht darin, sich selbst weiter entwickeln zu wollen und sich die Zielsetzung selbst vorzu­geben. Solange sich jemand persönlich nicht in eine bestimmte Richtung weiterentwickeln möchte und dazu auch selbständig konkrete Schritte unternimmt, stellen Seminare oder Beratungen weggeworfenes Geld oder bestenfalls eine willkommene Abwechslung zum Alltag dar. Sie verfehlen mit Sicherheit ihre Wir­kung.

Man muss sich bewusst sein, dass sich eine persönliche Ent­wick­lung nicht zum Beispiel durch einen Seminarbesuch oder durch das Lesen eines Buches kaufen lässt. Es gibt keine «automa­tische» Entwicklung im Sinne der Grundrechte des Seins – ausser man tut persönlich etwas dafür! Es fällt einem relativ leicht, in einem entsprechenden Seminar oder in den Ferien am Meer für eine gewisse Zeit mit sich selbst in Harmo­nie zu kommen. Es geht aber letztendlich nicht darum, kurze Momente in Harmonie zu sein, sondern immer und in jeder Situation. Also insbesondere auch im täglichen Leben, am Arbeitsplatz, auf der Fahrt nach Hause, in der Familie.

Wir haben in früheren Kapiteln festgestellt, dass es in unserem Leben darum geht, das persönliche Bewusstsein zu entwickeln, bzw. die Grundrechte des Seins in jeder Situation zu leben.

Der Besuch von Seminaren, das Lesen von Büchern, Beratun­gen, usw. können unter Umständen effiziente Hilfsmittel zur Entwick­lung vermitteln oder das innere Verlangen nach der dauernden Harmonie zumindest für eine gewisse Zeit verstär­ken. Insofern können sie natürlich sehr nützlich und hilfreich sein. Entwickeln müssen wir uns aber selbst. Unsere Bewusst­seinskugel können wir nur selbst vergrössern, an unserer Pyramide der persönlichen Entwicklung können nur wir selbst bauen, dies lässt sich nicht delegieren oder kaufen.

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